Wie die Stadtverwaltung Dübendorf die psychische Gesundheit zum Thema machte

«Die Mitarbeitenden schätzen den Austausch über das Thema psychische Gesundheit»

Was kann man als Unternehmen tun, damit die Mitarbeitenden nicht hinter vorgehaltener Hand, sondern offen darüber sprechen, wie es ihnen wirklich geht? Mit dieser Frage hat sich Isabelle Thoresen intensiv auseinandergesetzt. Als Fachperson Personal und betriebliches Gesundheitsmanagement bei der Stadtverwaltung Dübendorf ist ihr aufgefallen, dass das Thema «psychische Gesundheit» die Mitarbeitenden beschäftigt. Zusammen mit dem BGM-Steuergremium beschloss sie deshalb, die psychische Gesundheit ein Jahr lang ins Zentrum zu stellen.

Die Kampagne «Wie geht's dir?» als Inspiration

Die Kampagne «Wie geht’s dir?» motiviert, offen über das eigene Wohlbefinden zu sprechen und gibt konkrete Tipps und Materialien. Das nutzte Isabelle Thoresen und bestellte bei «Wie geht’s dir?» Plakate mit dem Emotionen-ABC. Jeder Buchstabe des Alphabets steht für eine Emotion von A wie ausgebrannt bis Z wie zufrieden.

Thoresen liess die Buchstaben ausschneiden und verteilte allen interessierten Führungspersonen einen Bund mit Kärtchen, die das gesamte Alphabet umfassen. «Die Idee war, dass Mitarbeitende beispielsweise als Einstieg in eine Teamsitzung ein Kärtchen auswählen und etwas dazu sagen», erläutert Isabelle Thoresen.

Über (schwierige) Gefühle sprechen

Eine der Führungskräfte, welche die Kärtchen bei Teamsitzungen einsetzte, war Michel Elmer. Als Sicherheitsbeauftragter (SIBE) der Stadt Dübendorf deckt er im BGM den Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ab. «Manchmal ergab sich dank des Emotionen-ABC ein Gespräch, manchmal auch nicht. Es kam immer wieder vor, dass jemand etwas Persönliches erzählte», schildert Michel Elmer. Isabelle Thoresen hat verschiedene Rückmeldungen erhalten, dass das Emotionen-ABC geholfen hat, über Gefühle zu sprechen – auch über schwierige. Die Stichworte gaben den Mitarbeitenden die Gelegenheit, auch Dinge anzusprechen, für die sie vorher keinen Raum sahen oder keine Worte fanden.

 

Statements von Mitarbeitenden veröffentlichen

Als weitere Massnahme fragte Isabelle Thoresen Mitarbeitende der Stadtverwaltung für ein Statement an, wie sie ihr Wohlbefinden stärken. Als Inspiration liess sie diese Mitarbeitenden einen der «10 Schritte für psychische Gesundheit» des Netzwerks Psychische Gesundheit Schweiz auswählen und berichten, wie sie diesen im Alltag konkret umsetzen. Mitarbeitende beschrieben in diesen Statements, wie sie aktiv und kreativ bleiben, wie sie ihre Selbstakzeptanz stärken, sich erholen oder wie sie Beziehungen und Freundschaften pflegen. «Mir war es wichtig, dass sich auch Schlüsselpersonen wie zum Beispiel der Geschäftsleiter oder die Leiterin Personaldienste zu diesem Thema äussern. Damit konnten wir die Akzeptanz und Sichtbarkeit erhöhen», schildert Isabelle Thoresen. Publiziert wurden die Statements im Intranet der Stadtverwaltung.

Mittagsveranstaltungen durchführen

«In unserer Stadtverwaltung gibt es viel Know-how zum Thema psychische Gesundheit. Das wollte ich nutzen», erklärt Isabelle Thoresen. Sie ermunterte die Abteilungen, eine Mittagsveranstaltung auszugestalten, in denen ihr spezifischer Umgang mit psychischer Gesundheit im Fokus stehen. Es entstanden fünf Anlässe, die trotz Freiwilligkeit gut besucht wurden. Die Jugendarbeit organisierte beispielsweise einen Workshop, in dem es darum ging, wie die Mitarbeitenden mit Anfeindungen und Beschimpfungen umgehen. Die Stadtpolizei schilderte in einer Mittagsveranstaltung, wie sie sich auf grössere Einsätze vorbereitet. Mitarbeitende des Zivilstandsamts berichteten, wie sie am Schalter mit dem Wechsel von ganz unterschiedlichen Situationen umgehen: von der Anfrage nach einem Heiratstermin über die Meldung einer Geburt bis zum Abholen einer Urne. Isabelle Thoresen erläuterte in einem Inputreferat, wie der Körper auf Stress reagiert. Im Anschluss an die 30 bis 40-minütigen Veranstaltungen, die als Arbeitszeit aufgeschrieben werden konnten, lud die Stadtverwaltung zu einem kleinen Lunch ein, der als Pause galt und bei dem sich die Teilnehmenden austauschen konnten.

Im Wald baden

«Zum Gesamtpaket der Kampagne zur psychischen Gesundheit gehörte für mich noch ein Angebot, wie wir uns in effektiver Weise nach einem anstrengenden Arbeitstag erholen können», erzählt Isabelle Thoresen. Als weitere Massnahme organisierte sie für interessierte Mitarbeitende zwei Freizeit-Anlässe zum Thema Waldbaden mit einer professionellen «Waldbaderin» und dem Dübendorfer Förster. An zwei Daten tauchten je fünfzehn Mitarbeitende in die japanische Achtsamkeitspraxis Shinrin Yoku (Waldbaden) ein, nahmen den Wald mit allen Sinnen und aus ungewöhnlichen Perspektiven wahr und erhielten gleichzeitig noch spannende Infos über den Wald und seine Bewohner. «Durch die bewusste Wahrnehmung des Waldes kann frische Energie aufgebaut und unser hohes Alltagstempo verlangsamt werden. Das wirkt regenerierend für Körper und Geist. Es war ein eindrückliches Erlebnis», berichtet Isabelle Thoresen.  

Resonanz zu den Massnahmen

«Am Anfang waren die Mitarbeitenden noch zurückhaltend», erinnert sich Isabelle Thoresen. «Aber gerade die Mittagsveranstaltungen kamen bei den Mitarbeitenden sehr gut an. Es hat ihnen Spass gemacht, eine Veranstaltung zu gestalten. Die Mitarbeitenden schätzen zudem den Austausch über das Thema psychische Gesundheit, das sie im Alltag in unterschiedlicher Weise beschäftigt.»

Auch wenn sich viele schwertun, über die psychische Gesundheit zu sprechen: Die Resonanz auf diesen Schwerpunkt sei gut gewesen und kritische Stimmen habe es keine gegeben, sagt Isabelle Thoresen. Die BGM-Massnahmen waren ausserdem kostengünstig. «Wenn man kreative Ideen hat, findet man in der Regel viele BGM-Massnahmen, die wenig oder nichts kosten», ist Isabelle Thoresen überzeugt.

 

Zur Kampagne

Die Kampagne «Wie geht’s dir?» der Deutschschweizer Kantone und der Stiftung Pro Mente Sana im Auftrag von Gesundheitsförderung Schweiz bietet Betrieben ein Toolkit zur Stärkung der psychischen Gesundheit an. Dieses enthält Angebote und Adressen sowie Materialien, die kostenlos bestellt und im Betriebsalltag eingesetzt werden können.

Stadtverwaltung Dübendorf

Dübendorf ist mit über 31’000 Einwohnenden die viertgrösste Gemeinde im Kanton Zürich. In der Stadtverwaltung Dübendorf arbeiten mehr als 250 Mitarbeitende in über 30 Abteilungen und Bereichen – von den Einwohnerdiensten über die Kinder- und Jugendarbeit bis zu den Steuern, der Stadtpolizei und den Unterhaltsdiensten. Seit über 20 Jahren hat die Stadt Dübendorf einen Sicherheitsbeauftragten (SIBE), der in einem Pensum von 10 Prozent plus 20 Prozent Assistenz für die Arbeitssicherheit der Mitarbeitenden zuständig ist. 2020 wurde eine 40-Prozent-Stelle für betriebliches Gesundheitsmanagement (Gesundheitsschutz, Casemanagement und Gesundheitsförderung) geschaffen.

Gebäude der Stadtverwaltung Dübendorf
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